Eine der häufigsten Fragen, die mir bei Konzerten gestellt werden, ist: „Kann man davon denn leben?“ Die kurze Antwort ist „Ja, kann man.“ Die lange Antwort möchte ich hier einmal formulieren, um mit einem weit verbreiteten Irrglauben aufzuräumen.
Dieser Beruf macht manchmal Spaß – vor allem in den Momenten, die man auf der Bühne vor freundlichen Menschen zubringen darf. Auch das Musizieren mit Freunden macht Spaß. Das war es dann aber auch schon mit der Hobby – Komponente in meinem Berufsleben, was sonst noch dazugehört ist harte Arbeit. Ich spreche von mehreren Stunden Büroarbeit jeden Tag, von stundenlangen Autofahrten zum Konzert, vom telefonieren mit oft verständnislosen Veranstaltern. Ich spreche von der Pflege und Wartung meiner Ausrüstung. Nicht zuletzt spreche ich auch davon, immer freundlich und verständnisvoll sein zu müssen – schließlich könnte ja ein potentieller Kunde vor mir stehen. Ich bin gerne freundlich, aber an manchen Tagen fällt es schwerer als an anderen – zum Beispiel, wenn jemand glaubt, dass 6.30 Uhr morgens der richtige Zeitpunkt wäre, mit mir über ein Engagement zu verhandeln, während ich gerade einmal 3 Stunden Schlaf bekommen habe. Auch dann bin ich innerhalb meiner schlaftrunkenen Möglichkeiten freundlich, denn: Es geht um Geld. Nur um Geld, denn das brauchen wir zum Leben, zum Bezahlen der Miete und der Krankenversicherung. ES GEHT UM GELD.
Deshalb hier ein paar Gedanken zu Geld im Zusammenhang mit dem Musikerberuf:
- Viele Musiker fragen sich: „Wie viel kann man für ein Konzert verlangen?“. Die Frage ist falsch formuliert – denn man sollte herausfinden, wie viel Geld man verdienen MUSS um zu leben, nicht wie viel man verlangen DARF. Berechne Deinen Bedarf an Geld pro Monat und teile ihn durch die Anzahl der möglichen / gewünschten Arbeitstage, dann weißt Du, wie viel Du verlangen MUSST, immer unter der Voraussetzung, dass Du auch alle geplanten Tage mit Konzerten füllen kannst. Beispiel: Um eine vierköpfige Familie zu ernähren und alle Nebenkosten wie Versicherungen, Instandhaltung von Gitarren und sonstigem Equipment tragen zu können, setzten wir mal x Euro an. Jeder Monat hat im Schnitt je 4 Freitage und Samstage, an denen Musiker ihr Geld verdienen – das macht 8 Tage im Monat, an denen Du Deinen Lebensunterhalt verdienen musst. Rechne selbst!
- Musiker sind Verkäufer von Luxusgütern. Wer einen Musiker bucht, erwartet eine entsprechende Qualität. Wenn Du teurer bist als andere – sei es auch wert!
- Nutze die Macht der Vielen. Wenn Du ein Jahreseinkommen von 20.000 Euro anstrebst, mache Dich nicht auf die Suche nach 5 Menschen, die Dir jeweils 4000 Euro geben. Suche nach 4000 Menschen, die Dir jedes Jahr 5 Euro geben! Mache den Menschen bei Deinen Konzerten klar, dass sie mit dem Kauf einer CD Dir und Deiner Familie helfen zu überleben. Vielleicht schaffst Du es, dass sie Dir jedes Jahr 5 Euro bezahlen – für eine CD, einen Download oder eine Mütze mit Deinem Namen darauf. Sei dankbar für die Hilfe und zeige das auch!
- Sprich mit Deinen Fans nicht wie mit Kundschaft. Sie geben gerne Geld für Dich, möchten aber nicht wie Kundschaft im Baumarkt behandelt werden. Wenn Deine Kommunikation nur aus den Worten „KAUFE MEINE CD! KAUFE MEIN T-SHIRT! KAUFE KONZERTKARTEN!“ besteht, werden Deine Fans Dich nicht als Freund sehen, sondern als Verkäufer. Niemand gibt gerne jemandem Geld, der ihn zum Kauf drängt.
- Sei einzigartig. Tu, was DU am besten kannst. Imitiere nicht andere erfolgreiche Künstler, sondern finde Deine Stärke, Deine Einzigartigkeit. Ich spreche aus eigener Erfahrung: Wenn Du ein Covermusiker sein willst, der ohne großen Aufwand schnell den einen oder anderen Hunderter verdienen will – tu es. Wenn Du langfristig Erfolg haben willst – bedenke, dass es immer einen geben wird, der das gleiche wie Du billiger anbieten kann. Und wie wir schon gelernt haben, geht es ums Geld – auch bei den Leuten, die Dich bezahlen. Sei einzigartig, denn wenn jemandem Deine ganz eigene Art der Musik gefällt, wird er wohl oder übel Dich buchen müssen – schließlich gibt es Dich nur einmal.
Ich hoffe, Euch Fans und mitlesenden Musikern hiermit einen kleinen Einblick in meinen Beruf gegeben zu haben und freue mich auf Rückmeldungen und Vorschläge. Habt Ihr Ergänzungen zu dieser Liste? Liege ich irgendwo falsch? Lasst es mich wissen!
Hi Florian,
du beleuchtest hier nur die Live Musik Seite. Die ist wichtig, aber viele Musiker leben auch vom Schreiben und Aufnehmen. Die Vernetzung im Business mit anderen Songschreibern und Verlagen, labels etc könnte man auch noch nennen. Aber nichts desto weniger ein guter Artikel mit Fleisch
Da hast Du natürlich recht. Mein Eindruck ist, dass den meisten Leuten überhaupt nicht bewusst ist, dass man auch als Komponist nicht unerhebliches Einkommen erzielen kann. Danke für den Hinweis! Die Vernetzung zwischen Musikern, Songschreibern und eigentlich allen anderen im Musikgeschäft könnte das Thema für einen ganz eigenen Artikel sein. Sollte ich eigentlich auch einmal beleuchten.
Ich freue mich übrigens schon auf Dein Album, bin gespannt!
Ein toller Artikel und ich gebe dir Recht, man darf den Fan nicht als Kunden sondern als Mensch sehen. Je emotionaler die Verbindung ist, desto einfacher wird auch die Vermarktung werden.
Vielleicht ist dieses Video ja für euch Interessant: https://www.youtube.com/watch?v=XvbxO42XtIE